Die vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung anlässlich der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsvertrags ist tarifbegünstigt und wird daher beim Arbeitnehmer ermäßig besteuert. In der Regel ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer bei Abschluss des Auflösungsvertrags unter Druck stand und daher nicht freiwillig auf seine künftigen Gehaltsansprüche verzichtet hat.
Hintergrund: Entschädigungen werden ermäßigt besteuert, wenn es aufgrund der Entschädigung zu einer sog. Zusammenballung von Einkünften kommt und sich dadurch der Steuersatz erhöhen würde.
Streitfall: Der Kläger arbeitete als Verwaltungsangestellter in einer Stadtverwaltung. Im Dezember 2012 schloss er mit der Stadt einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung ab April 2013, nachdem die Stadt angekündigt hatte, dass sie Personal abbauen will, und der Kläger einen längeren Rechtsstreit mit der Stadt über seine tarifliche Eingruppierung geführt hatte. Im Gegenzug wurde ihm eine Abfindung in Höhe von ca. 35.000 € zugesagt, die ihm im Jahr 2013 auch ausgezahlt wurde. Seit April 2013 war er Rentner und bezog eine Rente. Das Finanzamt gewährte keine Tarifbegünstigung für die Abfindung.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Bei der Abfindung handelt es sich um eine Entschädigung für entgangene Einnahmen. Eine Entschädigung setzt voraus, dass der Einnahmenausfall entweder von einem Dritten verursacht wurde oder dass der Steuerpflichtige selbst unter einem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck stand, als er den Einnahmenausfall mit herbeigeführt hat.
Zwar hat der Kläger an dem Aufhebungsvertrag mitgewirkt. Bei der von einem Arbeitgeber gezahlten Abfindung ist allerdings anzunehmen, dass der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag nicht freiwillig aufgelöst hat; denn sonst würde der Arbeitgeber keine Abfindung zahlen. Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags unter einem tatsächlichen Druck steht. Weitere Ermittlungen und Feststellungen sind insoweit nicht erforderlich.
Im Übrigen hatte der Arbeitgeber im Streitfall auch einen Personalabbau angekündigt. Zudem stritten der Kläger und sein Arbeitgeber über die tarifliche Eingruppierung vor Gericht. Insoweit hat der Kläger auch dem Druck seines Arbeitgebers nachgegeben.
Schließlich führte die Abfindung im Jahr 2013 zu einer Zusammenballung von Einkünften, weil der Kläger in diesem Jahr nun mehr Geld erhielt und damit einem höheren Steuersatz unterlag, der durch die Tarifbegünstigung abgemildert wird.
Hinweis: Im Ergebnis dürfte das Urteil zu einer Beweislastumkehr führen, sodass künftig das Finanzamt nachweisen muss, dass der Arbeitnehmer nicht unter tatsächlichem Druck gestanden hat, sondern das Arbeitsverhältnis von sich aus auflösen wollte.