Erbschaft an Minderjährige

Merkblatt zu Erbschaften an Minderjährige

In den kommenden 6 Jahren werden in Deutschland rund 3 Billionen Euro vererbt. Häufig ist dabei auch ein Minderjähriger unter den Erben oder ein Minderjähriger wird sogar Alleinerbe. Für diesen Fall sollte vorgesorgt sein. Sorgerechtsverfügung und Testamentsvollstreckung machen es möglich.

Fragt man junge Ehepaare nach ihrem Testament, so erhält man häufig die Antwort: „Für ein Testament bin ich doch noch viel zu jung.“ Allgemein herrscht die Meinung vor, dass ein Testament vor allem für die ältere Generation wichtig sei. Dies ist jedoch gleich in mehrfacher Hinsicht unzutreffend.

So ist insbesondere für junge Ehepaare die Errichtung eines Testaments empfehlenswert. Bei jüngeren Ehepartnern sind nämlich häufig entweder noch keine Kinder vorhanden, so dass dann die jeweiligen Elternteile des verstorbenen Ehepartners neben dem Ehegatten erben, was häufig so nicht gewünscht wird, oder aber es sind zwar Kinder vorhanden, diese Kinder sind jedoch noch minderjährig. Erben diese minderjährigen Kinder nunmehr ein Vermögen von gewissem Wert, können erhebliche Probleme entstehen. In vielen Fällen schaltet sich dann das Familiengericht ein und bestellt einen sogenannten Ergänzungspfleger. Damit entzieht es auch dem überlebenden Elternteil die Verfügungsmacht über das Vermögen.

Fallbeispiel: Ein 45-jähriger Familienvater stirbt bei einem Autounfall und hinterlässt ein umfangreiches Immobilienvermögen. Da er kein Testament errichtet hat, sind gesetzliche Erben zu gleichen Teilen seine Ehefrau und seine fünfjährige Tochter, die somit gemeinsam eine Erbengemeinschaft bilden. Das elterliche Sorgerecht obliegt der Mutter. Damit übt sie neben der Personensorge grundsätzlich auch die Vermögenssorge für die Tochter aus. Da die minderjährige Tochter nunmehr jedoch ein großes Vermögen geerbt hat, ihre Mutter aber zugleich Miterbin geworden ist, ernennt das Familiengericht wegen dieses Interessenkonflikts bei der Mutter einen Ergänzungspfleger, der jetzt die Vermögenssorge für die fünfjährige Tochter ausübt.

Der durch das Gericht bestellte Ergänzungspfleger ist häufig eine fremde Person. Aufgrund der Benennung des Ergänzungspflegers kann die verwitwete Ehefrau nicht mehr allein über das Vermögen (und zwar weder über das geerbte eigene Vermögen noch über das seitens der Tochter geerbte Vermögen) verfügen. Sie kann ohne Zustimmung des Ergänzungspflegers und des Gerichts weder die Erbengemeinschaft auflösen, noch einzelne Immobilien verkaufen oder beleihen. Da der Ergänzungspfleger und auch das Familiengericht gesetzlich verpflichtet sind, jegliches Risiko für das von dem Kind geerbte Vermögen zu vermeiden, werden häufig auch wirtschaftlich sinnvolle Kreditaufnahmen, zum Beispiel zur Sanierung oder Reparatur eines Objekts, verhindert. Auf diese Weise kann großer Schaden entstehen. Derartige Schwierigkeiten sollten durch eine sinnvolle Testamentsgestaltung verhindert werden.

Ausgangspunkt für eine solche Testamentsgestaltung ist zunächst das gesetzlich geregelte, elterliche Sorgerecht der Eltern für ihre minderjährigen Kinder.

Das elterliche Sorgerecht umfasst die Sorge für die Person (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). Grundsätzlich obliegt das Sorgerecht den Eltern gemeinsam. Bei nichtehelichen Kindern ist grundsätzlich allein die Mutter vertretungsberechtigt, wenn die Kindeseltern nicht nachfolgend heiraten oder eine sogenannte Sorgeerklärung abgeben.

Verstirbt einer der Elternteile, so steht dem anderen die elterliche Sorge zu. Das gilt auch für den Fall, dass der verstorbene Elternteil die elterliche Sorge zuvor allein hatte.

Sollten beide Eltern versterben, so setzt das Familiengericht einen Vormund ein.

In bestimmten Fällen sind die Eltern nunmehr aber von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen. In solchen Fällen wird vom Gericht ein Ergänzungspfleger bestellt, der die Kinder diesbezüglich vertritt:

  • bei Rechtsgeschäften mit sich selbst und Rechtsgeschäften mit nahen Angehörigen sind die Eltern von der Vertretung ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt bei rein vorteilhaften Rechtsgeschäften und bei der Erfüllung von Verbindlichkeiten.
  • bei einem erheblichen Interessenskonflikt kann den Eltern die Vertretungsmacht entzogen werden. Das wäre unter anderem denkbar, wenn ein Elternteil und das minderjährige Kind jeweils Teil einer Erbengemeinschaft wären (siehe das obige Fallbeispiel).

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Geschäfte im Bereich der Vermögenssorge, bei denen Eltern aber auch ein eingesetzter Ergänzungspfleger zudem einer Genehmigung durch das Familiengericht bedürfen, z.B.:

  • sämtliche Grundstücksgeschäfte;
  • Verfügungen über eine Erbschaft oder Verzicht auf einen Pflichtteil;
  • Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses;
  • Kauf oder Verkauf eines Erwerbsgeschäfts sowie der Abschluss eines entsprechenden Gesellschaftsvertrages;
  • der Abschluss von Miet- oder Pachtverträgen;
  • Kreditgeschäfte
  • Übernahme von Bürgschaften

Die genannten Beispiele verdeutlichen, dass Eltern in bestimmten Fällen nicht oder nicht ohne gerichtliche Genehmigung für ihre Kinder entscheiden können. Das ist insbesondere dann besonders problematisch, wenn Minderjährige Vermögen vom gewissen Wert, insbesondere Immobilienvermögen oder Unternehmensbeteiligungen erben. In diesen Fällen obliegt die Vermögenssorge zwar grundsätzlich den Eltern, meist wird jedoch vom Familiengericht ein Ergänzungspfleger bestellt, sodass die Eltern quasi handlungsunfähig sind.

Um die Handlungsfähigkeit des überlebenden Ehegatten zu stärken, gibt es verschiedene Ansätze:

Bei kleineren bis mittleren Vermögen bietet sich häufig das sogenannte Berliner Testament an, in dem die Ehepartner sich zunächst gegenseitig als Erben und ihre Kinder nach dem Tod des länger lebenden als Schlusserben einsetzen. Auf diese Weise wird verhindert, dass im ersten Erbgang die minderjährigen Kinder erben. Das kann jedoch nur dann eine sinnvolle Lösung sein, wenn nur einer der Elternteile verstirbt und der länger lebende bis zur Volljährigkeit der Kinder weiterlebt.

Da es dafür nie eine Garantie gibt, sollte in einem solchen Berliner Testament zwingend auch der zweite Erbgang geregelt werden. Spätestens dann möchten die Eltern ihr Vermögen an ihre Kinder gehen lassen.

Für den Fall, dass die Kinder beim Tod des Letztversterbenden noch minderjährig sein sollten bzw. in den Fällen, in denen man (z.B. aus steuerlichen Gründen) bereits beim Tod des Erstversterbenden nennenswertes Vermögen an die Kinder vererben möchte, bietet sich folgende Lösung an:

Die Eltern könnten in ihrem Testament Dauertestamentsvollstreckung bis zu einem gewissen Mindestalter ihrer gemeinsamen Kinder, zum Beispiel 25 Jahre, anordnen. Dies hat zur Folge, dass der Teil der Erbmasse, der an die Kinder fällt, bis zum 25. Lebensjahr treuhänderisch durch den Testamentsvollstrecker verwaltet wird. Der Testamentsvollstrecker hat dabei regelmäßig die Aufgabe, das Vermögen bestmöglich zu verwalten und ggf. zu vermehren, bis die Kinder das von den Eltern vorgesehene Alter erreicht haben, um dann selbst über das Vermögen verfügen zu können. Der Testamentsvollstrecker hat dabei eine so große Rechtsmacht, dass das Familiengericht nur in absoluten Ausnahmefällen einen Ergänzungspfleger bestellen muss.

In vielen Fällen bietet es sich an, einen Familienangehörigen als Testamentsvollstrecker zu bestimmen. Man sollte jedoch unbedingt auch eine Ersatzperson bestimmen, für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker das Amt nicht antreten kann oder möchte bzw. später aus dem Amt ausscheidet.

Bei größeren Vermögen sollte das klassische Berliner Testament aufgrund der negativen steuerlichen Folgen durch zusätzliche Vermächtnisgestaltungen optimiert werden.

Neben der Vermögenssorge ist insbesondere bei kleinen Kindern jedoch die Regelung der persönlichen Sorge mindestens genauso wichtig.

Sollten nämlich beide Eltern versterben, benennt das Familiengericht einen Vormund. Entgegen weit verbreiteter Auffassung sind dabei die kirchlichen Paten irrelevant. Auch die Großeltern haben kein Vorrecht auf eine Vormundschaft für die Enkel, sondern werden regelmäßig aus Altersgründen vom Gericht abgelehnt.

Aus diesen Gründen sollten Eltern die Bestimmung des Vormunds nicht dem Familiengericht überlassen. Stattdessen sollten die Eltern für den Fall des Todes beider Elternteile in einer Sorgerechtsverfügung festlegen, wer dann Vormund werden soll. Die Vormundbenennung ist in einer letztwilligen Verfügung (Testament oder Erbvertrag) vorzunehmen. Benennen Vater und Mutter unterschiedliche Personen als Vormund, so gilt die Benennung durch den Letztversterbenden. Voraussetzung für eine rechtsgültige Sorgerechtsverfügung ist jedoch, dass der testierende Elternteil zum Todeszeitpunkt die volle elterliche Sorge hatte, sonst ist die Vormundbenennung unwirksam.

Das Familiengericht ist an die Vormundbenennung durch die Eltern gebunden, es sei denn, es liegen konkrete Ausschlussgründe vor. Wird im Testament zusätzlich zur Vormundbenennung auch Testamentsvollstreckung angeordnet, sollten unterschiedliche Personen zum Testamentsvollstrecker und Vormund bestimmt werden. Der wichtigste Grund dafür ist, dass bei einer Personenidentität der Vormund seine Kontrollrechte gegenüber dem Testamentsvollstrecker nicht ausüben kann und deshalb gegebenenfalls ein Ergänzungspfleger vom Gericht bestellt werden muss.

Gerne beraten wir Sie persönlich bei der Errichtung eines Testaments. Ein notarielles Testament hat zudem den Vorteil, dass nach dem Tod eines Ehepartners regelmäßig keine langwierigen und kostenintensive Erbscheinsverfahren erforderlich sind. Vereinbaren Sie bei Bedarf einen Termin mit unseren Notaren.