Kassenführung 2020 – Was Sie bis wann erledigen müssen!

Als Kassenbetreiber haben Sie derzeit ganz andere Sorgen als die neuesten Vorschriften der ordnungsgemäßen Kassenführung. Trotzdem sollten Sie nicht vergessen, dass die meisten elektronischen Kassensysteme zeitnah mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet werden müssen. Denn das Bundesfinanzministerium (BMF) hat trotz der existenzbedrohenden finanziellen Notlage, in der sich viele Unternehmen aufgrund der Corona-Krise befinden, eine Verlängerung der bis zum 30.09.2020 geltenden Nichtbeanstandungsregelung bei fehlender TSE abgelehnt.

Daher haben Wirtschaft und Politik nun eigene Maßnahmen ergriffen, um Ihnen zu helfen:

Einerseits gilt in immer mehr Bundesländern (u.a. NRW und Hessen) die Nichtbeanstandungsregelung nun doch bis zum 31.03.2021. Allerdings ist sie im Gegensatz zur Regelung des BMF an konkrete Voraussetzungen geknüpft, für die Sie Nachweise erbringen müssen. Andererseits raten die Verbände dazu, notfalls den Weg über einen individuellen Härtefallantrag zu gehen.

Zudem müssen die Kassen seit Jahresanfang für jeden Geschäftsvorfall einen Beleg ausgeben können und Sie müssen dem Finanzamt Art und Anzahl Ihrer Kassen melden. Bei der praktischen Umsetzung des Meldeverfahrens lässt die Finanzverwaltung bis heute auf sich warten, aber immerhin hat sie inzwischen einige Erleichterungen für die elektronische Belegausgabe veröffentlicht.

Deshalb geben wir Ihnen nachfolgend die Anleitung, was Sie bis wann in welcher Form erledigen müssen oder optimieren können.

Eine kurze Zusammenfassung können Sie sich auch im Steuer-Erklär-Video zur „Kassenführung 2020“  ansehen

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Anforderung an elektronische Kassensysteme

Seit 2017 müssen elektronische Kassen den folgenden Anforderungen der Finanzverwaltung genügen:

  • Alle Geschäftsvorfälle sind einzeln aufzuzeichnen.
  • Die Erfassung der Geschäftsvorfälle darf nicht unter-drückt werden können.
  • Die aufgezeichneten Daten müssen jederzeit lesbar und maschinell auswertbar sein.
  • Alle Änderungen bei Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdaten sind aufzuzeichnen.
  • Alle elektronisch erzeugten Belege sind unveränderbar und vollständig aufzubewahren.
  • Alle Kassenaufzeichnungen müssen zehn Jahre lang archiviert werden.

Zum 01.01.2020 sind mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassengesetz) folgende Verschärfungen hinzugekommen:

  • Alle elektronischen Kassensysteme müssen mit einer vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierten TSE ausgerüstet sein.
  • Sie müssen in der Lage sein, für jeden Geschäftsvorfall einen Beleg an den Kunden auszugeben.
  • Alle im Unternehmen genutzten Kassensysteme sind dem Finanzamt zu melden.

Die Finanzverwaltung hat den Begriff der Kasse auch auf solche Systeme ausgedehnt, die (nur) der Abwicklung von Zahlungsvorgängen mit „vor Ort genutzten elektronischen Zahlungsformen“ dienen. Dazu gehören sowohl bargeldersetzende Zahlungsformen wie Geldkarten, virtuelle Konten oder Bonuspunktesysteme von Drittanbietern als auch an Geldes statt angenommene Gutscheine, Guthabenkarten, Bons und dergleichen.

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Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung

Die wichtigste Neuerung ist, dass elektronische Kassensysteme über eine dreiteilige TSE verfügen müssen:

  • Ein Sicherheitsmodul sorgt dafür, dass sämtliche Kasseneingaben protokolliert und nicht unerkannt verändert werden können.
  • Auf einem Speichermedium werden die Einzelaufzeichnungen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist gespeichert.
  • Eine einheitliche digitale Schnittstelle (DSFinV-K) gewährleistet die Datenübertragung für Prüfungszwecke.

Für die TSE schreibt der Gesetzgeber kein bestimmtes System vor, wohl aber eine Zertifizierung durch das BSI. Diese erfolgt für zwei Varianten: Bei der Variante 1 wird eine microSD-Karte mittels Adapter für USB- oder SD-Kartenanschlüsse verwendet, während die Variante 2 eine cloudbasierte Webdienstlösung vorsieht. Zuletzt wurde im April 2020 die vierte TSE der Variante 1 zertifiziert, während für die Cloud-Lösung immer noch kein finales Zertifikat vorliegt.

 

Hinweis: Die digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für den Datenexport bei Außenprüfungen und Kassennachschauen findet bis zur Implementierung der zertifizierten TSE, längstens im Zeitraum der Nichtbeanstandung, ebenfalls keine Anwendung.

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To-Do-Liste

1.  Kassen nachrüsten. Aber bis wann?

Anfang Juli 2020 haben als Vorreiter die Finanzminister von Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen beschlossen, den Unternehmen in ihren Bundesländern mehr Zeit für die Nachrüstung zu geben. Weitere Länder sind dem Beispiel schnell gefolgt. Folgende Szenarien sind nun denkbar:

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1.1 Ihr Kassensystem ist bauartbedingt nicht mit einer TSE nachrüstbar

Bis Ende 2019 gesetzeskonforme elektronische Kassen, die nach dem 25.11.2010 und vor dem 01.01.2020 angeschafft wurden und nicht mit einer TSE aufgerüstet werden können, dürfen noch bis zum 31.12.2022 weiter genutzt werden. Erst dann müssen sie durch ein neues System ersetzt werden. (Diese Ausnahme gilt nicht für PC-Kassen und App-Systeme.)

Ältere Kassen mussten bereits zum 01.01.2020 durch ein neues System mit zertifizierter TSE (zumindest aber mit TSE-Kompatibilität) ersetzt werden.

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Hinweis: Die Nichtnachrüstbarkeit Ihrer Kassen sollten Sie sich durch den Hersteller bestätigen lassen und das Dokument zu Ihrer Verfahrensdokumentation hinzufügen. Das Altsystem können Sie nicht einfach entsorgen, sondern müssen es für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist vorhalten.

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1.2 Ihr Kassensystem kann mit einer TSE nachgerüstet werden

Elektronische Kassen, bei denen das technisch möglich ist, hätten laut Kassengesetz bis zum 01.01.2020 und laut Finanzverwaltung bis zum 30.09.2020 nachgerüstet werden müssen.

Gilt in Ihrem Bundesland eine verlängerte Nichtbeanstandungsregelung?

Wenn ja und wenn Sie zudem eine der beiden folgenden Voraussetzungen erfüllen, gilt die bis zum 31.03.2021 verlängerte Frist auch für Sie:

  • Sie haben bis zum 30.09.2020 die erforderliche Anzahl an TSE verbindlich bei Ihrem Kassenfachhändler oder -hersteller bestellt und können dies nachweisen. Einige Bundesländer erwarten zudem, dass Sie auch schon den Einbau verbindlich in Auftrag gegeben haben.
  • Ihr Kassensystem erfordert den Einbau einer cloudbasierten TSE, die jedoch nachweislich noch nicht am Markt verfügbar ist.

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Hinweis: Ein Antrag auf Fristverlängerung ist nicht erforderlich. Sie müssen die Bestellungen aber rechtzeitig aufgeben bzw. den Nachweis der fehlenden Cloud-Lösung einholen. Sofern noch nicht geschehen, sollten Sie den Kontakt zu Ihrem Händler oder Hersteller also baldigst aufnehmen.

Andernfalls läuft die Nichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung am 30.09.2020 aus.

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Können Sie im Notfall durch einen Härtefallantrag Zeit gewinnen?

Im Einzelfall nimmt die Finanzverwaltung auch individuelle Anträge auf eine verlängerte Befreiung von der TSE-Pflicht entgegen. Dafür müssen Sie die Gründe für die fehlende Aufrüstung darlegen und einen Härtefall nachweisen. Die Kosten der Aufrüstung „für sich allein“ werden nicht als Härte anerkannt – gegebenenfalls aber „in Kombination mit weiteren Umständen“. Die Frage ist also, was Ihre zuständige Finanzbehörde als „weiteren Umstand“ gelten lässt: z.B. technische oder finanzielle Schwierigkeiten durch die Corona-Krise? Wenn Sie beide Gründe anführen wollen, dann sollten Sie diese gesondert erläutern und belegen (bei einer finanziellen Notlage etwa durch Steuerstundungsanträge oder die Inanspruchnahme von Soforthilfen). Ihre Argumente sollten individuell, fundiert und auf Ihren konkreten Einzelfall bezogen sein. Und Sie sollten damit rechnen, dass diese vom Finanzamt überprüft werden – z.B. im Rahmen einer Kassennachschau.

Außerdem sollten Sie dem Finanzamt mitteilen, wie viel Zeit Sie voraussichtlich benötigen werden, bis sich die Lage in Ihrem Betrieb so weit stabilisiert hat, dass Sie Ihr Kassensystem nachrüsten können. Berechnen Sie diesen Zeitpuffer nicht zu großzügig, da dies den Erfolg Ihres Antrags schmälern könnte.

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Hinweis: Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat einen Musterantrag auf Fristverlängerung für betroffene Betriebe ausgearbeitet. Dieser findet sich auf den Websites verschiedener Verbände und Kammern zum Herunterladen.

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2. Kassen an- bzw. abmelden

Seit 2020 muss laut Kassengesetz sowohl die Anschaffung als auch die Außerbetriebnahme elektronischer Kassensysteme innerhalb eines Monats dem Finanzamt gemeldet werden. Ausgenommen sind nur Geräte, für die die verlängerte Nutzung bis Ende 2022 gilt. Die Meldung muss „nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck“ beim Finanzamt erfolgen und jede Kasse ist einzeln zu melden.

Folgende Punkte sind dabei mitzuteilen:

  • Name des Steuerpflichtigen
  • Betriebsstätte der Kasse
  • Ordnungskriterium (in der Regel die Steuernummer)
  • Art der zertifizierten TSE und Seriennummer
  • Zertifizierungs-ID (wird durch das BSI vergeben)
  • Anzahl, Art und Seriennummern der eingesetzten elektronischen Aufzeichnungssysteme
  • Datum der Anschaffung
  • Datum der In- oder Außerbetriebnahme

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Hinweis: Allerdings hat das BMF ergänzt, dass die Kassennutzer von der Mitteilung absehen können, bis ihnen eine elektronische Übermittlung ermöglicht wird. Was bis dato immer noch nicht der Fall ist. Wann diese Übermittlungsmöglichkeit steht, wird im Bundessteuerblatt bekanntgegeben.

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Vorbereitend sollten Sie trotzdem schon die nötigen Informationen zusammentragen, um sie schnell parat zu haben, denn die Meldepflicht kann kurzfristig in Kraft treten. Aber auch bei einer Kassennachschau werden Sie diese Angaben benötigen.

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3. Belegausgabe optimieren

Seit 2020 gilt die Pflicht, an alle Kunden Kassenbelege auszugeben – egal, ob sie diese mitnehmen oder nicht. Mit Zustimmung des Kunden ist auch die Bereitstellung eines elektronischen Belegs in einem standardisierten Datenformat wie JPG, PNG oder PDF erlaubt.

Inzwischen hat das BMF die Regeln für die elektronische Belegausgabe vereinfacht: Ein E-Bon gilt zwar weiterhin nur dann als bereitgestellt, wenn dem Kunden die Entgegennahme ermöglicht wird. Die bloße Sichtbarmachung des Belegs an einem Bildschirm im Geschäft genügt also nicht. Aber nun reicht bereits die konkludente Zustimmung des Kunden. So lässt sich beispielsweise mit einem Schild an der Kasse darauf hinweisen, dass standardmäßig ein elektronischer Beleg erstellt wird, bei Wunsch aber auch ein Papierbeleg ausgedruckt werden kann. Der Kunde muss den E-Bon nicht tatsächlich herunterladen, sofern ihm das Kassendisplay z.B. einen QR-Code anzeigt, mit dem er den Bon herunterladen könnte.

Verschiedene Arten der elektronischen Bereitstellung sind zugelassen, wie beispielsweise

  • per Near Field Communication (NFC) oder
  • per QR-Code in Kombination mit dem Smartphone des Kunden (mit oder ohne App),
  • via E-Mail-Versand oder
  • über das bestehende Kundenkonto.

 

Ein ordnungsgemäßer Beleg muss folgende Angaben enthalten:

  • vollständiger Name und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers
  • Datum der Belegausstellung sowie Zeitpunkt von Vorgangsbeginn und -ende
  • Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der sonstigen Leistung
  • Transaktionsnummer, Entgelt und darauf entfallender Steuerbetrag
  • Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder des Sicherheitsmoduls
  • Betrag je Zahlungsart
  • Signaturzähler
  • Prüfwert

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Hinweis: Ausnahmen von der Belegausgabepflicht lässt der Gesetzgeber nur in bescheidenem Umfang zu, wenn nachweislich eine sachliche oder persönliche Härte für den Antragsteller besteht. Ein halbes Jahr nach der Einführung der Ausgabepflicht wurden nur sehr wenige Anträge zugunsten der Antragsteller entschieden.

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4. Sich für die Kassennachschau wappnen

Um die Einhaltung dieser Vorgaben und die Ordnungsmäßigkeit Ihrer Kassenführung zu kontrollieren, hat das Finanzamt das Recht, Ihr Kassensystem während der Geschäftszeiten unangekündigt zu prüfen. Dabei kann der Prüfer auch einen Kassensturz verlangen. Sie sind verpflichtet, ihm Zugang zu Ihren Kassen und zu allen damit zusammenhängenden Aufzeichnungen, Organisationsunterlagen und Büchern zu gewähren. Stellt der Prüfer Unregelmäßigkeiten fest, kann er direkt zu einer umfassenden Außenprüfung übergehen!

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Hinweis: Seit Anfang 2020 steht häufig die Belegausgabe im Fokus der Kassennachschau. Nach dem Auslaufen der Nichtbeanstandungsregelung wird voraussichtlich besonders auf die korrekte Meldung und Verwendung der elektronischen Kassensysteme inklusive gültiger Zertifizierung der TSE geachtet werden. Die einheitliche digitale Schnittstelle, die bis dahin ebenfalls eingerichtet worden sein muss, wird dem Prüfer den Datenexport erheblich erleichtern. Daher ist dann vermehrt mit Kassennachschauen zu rechnen.

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Zu den vorzulegenden Unterlagen gehört insbesondere die Verfahrensdokumentation über digitalisierte betriebliche Prozesse. Darin sind sämtliche buchführungsrelevanten IT-Vorgänge in Ihren Haupt- und Vor- bzw. Nebensystemen verständlich und prozessorientiert darzustellen. Kernstück der Verfahrensdokumentation wird das Handling Ihres elektronischen Kassensystems als Vorsystem sein. Der Umfang hängt davon ab, was im Einzelfall zum Verständnis des Datenverarbeitungsverfahrens, der Bücher und Aufzeichnungen sowie der aufbewahrten Unterlagen notwendig ist. Die Dokumentation muss verständlich und für einen sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachprüfbar sein.

Um bei einer Kassennachschau auf der sicheren Seite zu stehen, sollten Sie daher die folgenden Unterlagen bereit- und auf dem neuesten Stand halten:

  • Verfahrensdokumentation mit den vier Bereichen:
  • allgemeine Beschreibung (z.B. Aufgabenverteilung im Betrieb, Prozesse der elektronischen Buchführung sowie der Vor- und Nebensysteme in Form eines kurzen Ablaufdiagramms, Versionsüberblick zur Verfahrensdokumentation)
  • Anwenderdokumentation (umfassende Gebrauchsanweisung zur eingesetzten IT, vom Systemanbieter beizubringen)
  • technische Systemdokumentation (Details zur verwendeten Hard- und Software, ebenfalls vom Systemanbieter, inklusive Nutzungshistorie)
  • Betriebsdokumentation (Darstellung des betrieblichen Umfelds, der Branche und relevanter Betriebskennzahlen); diese enthält u.a. ein
  • internes Kontrollsystem (Darstellung der betriebsinternen Kontrollen, die die Einhaltung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung sicherstellen, z.B. Zugriffsrechte der Mitarbeiter auf das Kassensystem und Maßnahmen zur Manipulationsvermeidung)
  • elektronische Kassenaufzeichnungen
  • Handbücher, Bedienungs- und Programmieranleitungen speziell zu Ihrem Kassensystem
  • Programmier- und Einrichtungsprotokolle zur Kasse

 

Hinweis: Zur Eindämmung der Corona-Pandemie gab es allgemeine und auch regional unterschiedliche behördliche Auflagen. Die so entstandenen Umsatzschwankungen werden bei Betriebsprüfungen in einigen Jahren wahrscheinlich nicht mehr selbsterklärend sein. Es empfiehlt sich daher, die verschiedenen Maßnahmen zu dokumentieren, z.B. den Zeitraum eines Lockdowns, die Beschränkung der Kundenzahl oder eine Quarantäne.

 

Wenn Sie Fragen zur Umsetzung haben, melden Sie sich gern persönlich bei uns. Wir helfen Ihnen weiter.