Merkblatt für Arbeitgeber – Anordnung von Kurzarbeit anlässlich der Corona-Krise (Stand: 16.03.2020)

Die Maßnahmen zur Vermeidung der Ausbreitung des Coronavirus stellen insbesondere auch Wirtschaft und Arbeitsmarkt vor große Herausforderungen. Der Staat hat nunmehr die Voraussetzungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld gesenkt und Leistungen erweitert, um betroffene Unternehmen in dieser Krise zu unterstützen.

  1. Definition und Zweck von Kurzarbeit?
  • Kurzarbeit ist die vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit. Soweit die Kurzarbeit eine vorübergehende Einstellung der Arbeit insgesamt zur Folge hat, spricht man von sog. Kurzarbeit Null.
  • Die Kurzarbeit muss nicht den gesamten Betrieb betreffen, sondern kann sich auch lediglich auf bestimmte organisatorisch abgrenzbare Teile eines Betriebs erstrecken.
  • Mit Kurzarbeit können die Personalkosten gesenkt werden. Hierdurch sollen die Unternehmen liquiditätsmäßig entlastet und langfristig Arbeitsplätze gesichert werden.
  1. Wie kann der Arbeitgeber Kurzarbeit in dem Betrieb anordnen?

Eine einseitige Weisung des Arbeitgebers für die Einführung von Kurzarbeit ist nicht möglich, auch nicht in einem solchen Krisenfall – wie ihn die Ausbreitung des Corona-Virus darstellt.

Für die Einführung von Kurzarbeit bedarf es vielmehr einer rechtlichen Grundlage. Eine solche Regelungsgrundlage kann sich ergeben aus

  • einem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag;
  • einer Betriebsvereinbarung zwischen dem Unternehmen und dem Betriebsrat;
  • dem individuellen Arbeitsvertrag, der die Anordnung von Kurzarbeit vorsieht.
  • der gesetzlichen Ermächtigung des § 19 KSchG im Fall der beabsichtigten Massenentlassung.

Sollte keine der o.g. rechtlichen Grundlagen eingreifen, muss der Arbeitgeber mit jedem Mitarbeiter eine individuelle Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag treffen, um die Möglichkeit der Anordnung von Kurzarbeitergeld zu regeln. Gerne stellen wir Ihnen ein entsprechendes Muster für eine solche Zusatzvereinbarung zur Verfügung.

Sollte ein Mitarbeiter die Zusatzvereinbarung nicht unterschreiben, käme als letztes Mittel eine Änderungskündigung in Betracht, also eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses verbunden mit dem Angebot ein neues Arbeitsverhältnis abzuschließen, Das neue Arbeitsverhältnis enthält dann dieselben Bedingungen wie das bestehende Arbeitsverhältnis, allerdings zusätzlich eine Klausel, die die Möglichkeit der Anordnung von Kurzarbeit vorsieht. Ob und inwiefern eine Änderungskündigung in der derzeitigen Situation arbeitsrechtlich zulässig ist, wird im Einzelfall zu beurteilen sein und kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht rechtssicher vorhergesagt werden.

  1. Voraussetzungen für den Antrag auf Kurzarbeitergeld?

Soweit es nach den unter 2. aufgeführten Ausführungen arbeitsrechtlich zulässig ist Kurzarbeit einzuführen, kann durch den Arbeitgeber Kurzarbeitergeld beantragt werden. Die Vorschriften über das Kurzarbeitergeld gemäß §§ 95 ff. SGB III regeln die Voraussetzungen, unter denen die Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld zahlt. Hiernach besteht ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, soweit

  • ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
  • die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
  • die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
  • der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, der Arbeitsausfall nur vorübergehend ist, er nicht vermeidbar ist und im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist; der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts betragen.

Die betrieblichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn in dem Betrieb mindestens ein Mitarbeiter beschäftigt ist. Betrieb im Sinne der Vorschriften über das Kurzarbeitergeld ist auch eine einzelne Betriebsabteilung.

Die persönlichen Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Mitarbeiter nach Beginn des Arbeitsausfalls eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt, aus zwingenden Gründen aufnimmt oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses aufnimmt, das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer nicht vom Kurzarbeitergeldbezug ausgeschlossen ist.

Die persönlichen Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn der Mitarbeiter während des Bezugs von Kurzarbeitergeld arbeitsunfähig krank wird, solange Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall besteht oder ohne den Arbeitsausfall bestehen würde.

Schließlich ist der Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen.

  1. Höhe des Kurzarbeitergeldes?

Das Kurzarbeitergeld beträgt für Mitarbeiter, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen würden, 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum.

Für alle übrigen Mitarbeiter beläuft sich das Kurzarbeitergeld auf 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum.

Der erhöhte Leistungssatz gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Mitarbeiter, deren Ehegatte/Ehegattin mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 4 und 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben (das sind leibliche Kinder, angenommene Kinder und Pflegekinder, auf die Zahl der Kinder kommt es nicht an).

  1. Zu beachtende Frist und Dauer der Leistung von Kurzarbeitergeld?

Der Antrag auf Kurzarbeitergeld ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten zu stellen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats, für den das Kurzarbeitergeld beantragt wird.

Kurzarbeitergeld wird für den Arbeitsausfall für eine Dauer von längstens zwölf Monaten von der Agentur für Arbeit geleistet. Durch Rechtsverordnung kann die Dauer auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

Die Bezugsdauer gilt einheitlich für alle in einem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Sie beginnt mit dem ersten Kalendermonat, für den in einem Betrieb Kurzarbeitergeld vom Arbeitgeber gezahlt wird.

  1. Besonderheiten aufgrund der Corona-Krise

Am 28. Februar 2020 hat die Bundesagentur für Arbeit Folgendes mitgeteilt:

  • Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden.
  • Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird.

Das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13. März 2020 sieht nunmehr folgende Maßnahmen vor:

  • Wenn auf Grund schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen Aufträge ausbleiben, kann ein Betrieb Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten von dem Arbeitsausfall betroffen sein könnten. Diese Schwelle lag bisher bei 30 Prozent der Belegschaft.
  • Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes soll vollständig oder teilweise verzichtet werden können. Das geltende Recht sieht vor, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese zunächst zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden.
  • Auch Zeitarbeitnehmer können künftig Kurzarbeitergeld beziehen.
  • Die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber normalerweise für ihre Beschäftigten zahlen müssen, soll die Bundesagentur für Arbeit künftig vollständig erstatten. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, Zeiten der Kurzarbeit stärker für die Weiterbildung der Beschäftigten zu nutzen.

Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Dies ist am 14. März 2020 geschehen. Die Regelungen gelten zunächst bis zum 31. Dezember 2021.

Bei weiteren Rückfragen steht Ihnen unsere Kanzlei gerne zur Verfügung!