Seit dem 01.04.2024 ist das Konsumcannabisgesetz (KCanG) nun in Kraft, und bereits keine drei Wochen später widersetzt sich der Bundesgerichtshof (BGH) in einem vor kurzem veröffentlichten Beschluss vom 18.04.2024 (Az. 1 StR 106/24) der ausdrücklichen Wertung des Gesetzgebers.
Das KCanG hat die Teillegalisierung von Cannabis zur Folge, d.h. grundsätzlich bleibt der Besitz und Anbau von Cannabis zwar verboten, allerdings definiert das Gesetz zu diesem Grundsatz einige bestimmte Ausnahmefällen. Seit dem 01.04.2024 ist es daher erlaubt, für den Eigenkonsum bis zu 25 Gramm Cannabis mitzuführen oder bis zu 50 Gramm Cannabis zu Hause aufzubewahren. Darüber hinaus ist es erlaubt, zu Hause bis zu drei lebende Cannabispflanzen zu züchten. Wer mehr Cannabis oder Pflanzen besitzt macht sich nach dem KCanG strafbar. Gleiches gilt bei einer Abgabe oder Weitergabe an andere Personen. Dies bleibt auch nach dem KCanG weiterhin verboten.
Auch hinsichtlich des Konsums sieht das Gesetz einige Einschränkungen vor. So ist es ausdrücklich verboten – zu Hause oder in der Öffentlichkeit – in unmittelbarer Gegenwart von Personen unter 18 Jahren zu konsumieren. Darüber hinaus ist der Konsum von Cannabis in Schulen und in deren Sichtweite, auf Kinderspielplätzen und in deren Sichtweite, in Kinder- und Jugendeinrichtungen und in deren Sichtweite, in öffentlich zugänglichen Sportstätten und in deren Sichtweite, innerhalb des befriedeten Besitztums von Anbauvereinigungen und in deren Sichtweite sowie in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr verboten. Als Sichtweite definiert das Gesetz einen Abstand von bis zu 100 Metern zum jeweiligen Eingangsbereich.
Nun zur Entscheidung des BGH: § 34 Abs. 3 Ziff. 4 KCanG sagt, wann das Überschreiten der o.g. Besitzmengen nicht nur strafbar ist, sondern einen strafschärfenden, besonders schweren Fall darstellt (Strafandrohung: Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren). Dies ist nach dieser Vorschrift der Fall, wenn eine Person über 21 Jahren die Besitzmengen überschreitet und es sich nach der Wirkstoffmenge um eine nicht geringe Menge handelt.
Vor Inkrafttreten des KCanG lag der Grenzwert zur Beurteilung, ob es sich um eine nicht geringe Menge handelt oder nicht, bei 7,5 Gramm THC. Der Gesetzgeber hat die Bestimmung des Grenzwertes – damals wie heute – grundsätzlich der Rechtsprechung überlassen. In der Gesetzesbegründung zum KCanG hatte der Gesetzgeber nunmehr aber darauf hingewiesen, dass der Grenzwert im Lichte der legalisierten Mengen künftig wohl „deutlich höher liegen muss“ als in der Vergangenheit nach dem Betäubungsmittelgesetz.
In seinem Beschluss vom 18.04.2024 hat sich der BGH nun über diese Wertung des Gesetzgebers hinweggesetzt und den Grenzwert für die Bewertung der nicht geringen Menge bei 7,5 Gramm THC belassen. Der BGH ist der Ansicht, dass sich aus der Teillegalisierung keine Veränderung der Gefährlichkeit des Wirkstoffes ableiten lasse und die Entkriminalisierung daher auch nicht zu einer geänderten Risikobewertung führe.
Ob diese Wertung des BGH – entgegen des gesetzgeberischen Willens – Bestand haben wird, hat vielleicht bald das Bundesverfassungsgericht zu beurteilen. Bis dahin bleibt abzuwarten, welche praktischen Probleme diese Entscheidung des BGH aufwerfen wird.
Übrigens: Bisher wurde auch noch kein THC-Grenzwert vom Gesetzgeber für den Straßenverkehr festgelegt. D.h. zur Zeit macht sich jeder Fahrzeugführer strafbar, bei dem THC im Blut nachgewiesen werden kann. Da sich THC im Blut deutlich langsamer abbaut als Alkohol, kann eine Strafbarkeit somit auch gegeben sein, wenn der letzte Konsum schon mehrere Tage her ist.