Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und gewährt auf Antrag Aussetzung der Vollziehung für Zinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2012. Der BFH hat nämlich erneut ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Zinssatzes von 6 % geäußert.
Hintergrund: Der gesetzliche Zinssatz im Steuerrecht beträgt 6 % jährlich. Dies betrifft Zinsen für Steuernachzahlungen, für gestundete oder ausgesetzte Beträge und für hinterzogene Steuern. Die Höhe dieses Zinssatzes wird von Fachleuten für verfassungswidrig gehalten. Der BFH hat in zwei aktuellen Eilverfahren den Zinssatz in einer vorläufigen Prüfung zunächst für den Verzinsungszeitraum ab dem 1.4.2015 als verfassungswidrig angesehen (s. hierzu unsere Mandanten-Information 4/2018) und jüngst auch für den Verzinsungszeitraum ab 2012.
Aktuelles Schreiben: Das BMF akzeptiert die beiden BFH-Entscheidungen zur möglichen Verfassungswidrigkeit und gewährt nunmehr auf Antrag des Zinsschuldners Aussetzung der Vollziehung für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2012.
Hinweis: Das aktuelle BMF-Schreiben gilt in allen offenen Fällen und ersetzt das bisherige BMF-Schreiben, das eine Aussetzung der Vollziehung nur für den Verzinsungszeitraum ab dem 1.4.2015 vorsah.
Für Verzinsungszeiträume vor dem 1.4.2012 gewährt das BMF nicht ohne Weiteres Aussetzung der Vollziehung. Hier muss ein besonderes berechtigtes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung dargelegt werden. Dieses ist dann gegeben, wenn dem Steuerpflichtigen die Zahlung der Zinsen nicht zuzumuten ist, weil er ansonsten z. B. Insolvenz anmelden müsste. Insoweit kommt es möglicherweise aber noch zu weiteren Gerichtsentscheidungen, in denen auch für Verzinsungszeiträume vor dem 1.4.2012 verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes von 6 % geäußert werden und Aussetzung der Vollziehung gewährt wird.