BMF zur Einzelaufzeichnungspflicht für Kasseneinnahmen
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat den Anwendungserlass zur Einzelaufzeichnungspflicht bei der Buchführung veröffentlicht. Damit reagiert das Ministerium auf eine Gesetzesänderung, die am 29.12.2016 in Kraft getreten ist und die insbesondere für Kasseneinnahmen Bedeutung hat.
Hintergrund: Für die Buchführung gelten grundsätzlich die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wie z. B. die Pflicht zur vollständigen, zeitgerechten, richtigen und geordneten Aufzeichnung. In jüngerer Zeit ist die Frage aufgeworfen worden, ob zu diesen Grundsätzen auch die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gehört. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies in einer grundlegenden Entscheidung für bilanzierende Unternehmer bejaht. Der Gesetzgeber hat daraufhin die Einzelaufzeichnungspflicht ausdrücklich in den Pflichtenkatalog für Unternehmer aufgenommen.
Die Kernaussagen des BMF:
Die Einzelaufzeichnungspflicht erfordert die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls unmittelbar nach dessen Abschluss. Die Aufzeichnung muss sich zum einen auf die Gegenleistung und auf den Inhalt des Geschäfts beziehen.
Hinweis: Im Einzelnen erfordert dies Aufzeichnungen zum verkauften Artikel, zum Endverkaufspreis, zum Umsatzsteuersatz, zu einem gewährten Rabatt, zum Zeitpunkt (Datum) und zur Anzahl der verkauften Artikel. Eine Pflicht zur Einzelbuchung besteht hingegen nicht.
Zum anderen ist auch grundsätzlich der Name des Geschäftspartners aufzuzeichnen.
Hinweis: Allerdings beanstandet es das BMF nicht, wenn die Kundendaten nicht aufgezeichnet werden, sofern dies zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Geschäftsvorfalls nicht erforderlich ist. Insbesondere bei alltäglichen Bargeschäften im Einzelhandel oder im Taxigewerbe wird die Aufzeichnung der Kundendaten nicht erforderlich sein.
Die Einzelaufzeichnungspflicht gilt sowohl bei Verwendung elektronischer Registrierkassen bzw. PC-Kassen als auch bei offenen Ladenkassen, d. h. bei Kassen, die ohne technische Hilfsmittel eingesetzt werden (z. B. Geldkassette, Schuhkarton).
Hinweis: Kommt es bei Nutzung einer elektronischen Registrierkasse zu einem Stromausfall oder zu einem technischen Defekt, dürfen die Aufzeichnungen in Papierform vorgenommen werden.
Ausnahmen von der Einzelaufzeichnungspflicht bestehen bei Unzumutbarkeit. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine offene Ladenkasse verwendet wird und eine Vielzahl von Waren an nicht bekannte Personen verkauft werden (z. B. beim Zeitungshändler oder dem Bierverkäufer im Stadion); es kommt nicht darauf an, ob der Unternehmer seine Kunden namentlich kennt. Erleichterungen gibt es auch bei der Verwendung einer elektronischen Waage.
Die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht gilt grundsätzlich auch für Dienstleistungen, die an eine Vielzahl von Personen erbracht werden, wie z. B. bei Friseuren. Voraussetzung ist aber auch hier, dass lediglich eine offene Ladenkasse verwendet wird.
Hinweis: Das BMF-Schreiben enthält weitere Erläuterungen zu den Aufzeichnungspflichten bei Verwendung einer offenen Ladenkasse, die allerdings den bisherigen Grund-sätzen entsprechen.
Nach Auffassung des BMF gilt die Einzelaufzeichnungspflicht auch für Unternehmer, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln. Das Gesetz ist insoweit allerdings nicht eindeutig.
Erfassung von EC-Karten-Umsätzen
Ebenfalls geäußert hat sich das BMF zu einer Anfrage von Wirtschaftsverbänden, wie Zahlungen mittels EC-Karte in der Kasse zu erfassen sind. Danach ist die vor-übergehende Erfassung von EC-Karten-Umsätzen in der Kasse steuerlich unschädlich, wenn die EC-Karten-Umsätze wieder herausgerechnet oder gesondert kenntlich gemacht werden.
Hintergrund: In einer Kasse dürfen an sich nur Barzahlungen erfasst werden. Bei einem bilanzierenden Unternehmer muss zudem die Kassensturzfähigkeit der Kasse sichergestellt werden, d. h. der Abgleich des sich nach dem Kassenbuch ergebenden Sollbestandes mit dem tatsächlichen Istbestand der Kasse.
Die Anfrage der Verbände: Mehrere Verbände haben beim BMF angefragt, ob die Erfassung von EC-Karten-Umsätzen in einer Kasse die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung beeinträchtigt und ob ggf. eine praxistaugliche Lösung seitens der Finanzverwaltung angeboten wird.
Die Kernaussagen des BMF: Das BMF verlangt zwar eine Kassensturzfähigkeit, macht die Beurteilung allerdings vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Das bedeutet:
Werden die EC-Karten-Umsätze zwar im Kassenbuch erfasst, jedoch in einem weiteren Schritt gesondert kenntlich gemacht, ist die Kassensturzfähigkeit gegeben.
Die Kassensturzfähigkeit ist auch dann gegeben, wenn die EC-Karten-Umsätze zwar im Kassenbuch erfasst werden, danach aber aus dem Kassenbuch auf ein gesondertes Konto ausgetragen oder umgetragen werden.
In beiden Fällen muss der Zahlungsweg ausreichend dokumentiert werden und der tatsächliche Kassenbestand jederzeit nachprüfbar sein. Die zeitweise Erfassung von EC-Karten-Umsätzen in der Kasse stellt dann zwar einen formellen Mangel dar. Dieser wirkt sich jedoch nicht nachteilig aus, weil die Kassensturzfähigkeit gewährleistet ist. Die Buchführung darf also nicht verworfen werden, sondern ist der Besteuerung zu Grunde zu legen.
Hinweise: Insbesondere bei Einzelhändlern, wie z. B. Supermärkten, ist die Erfassung von EC-Karten-Umsätzen problematisch. Denn zunächst wird der Umsatz in die Kasse eingegeben; erst danach sagt der Kunde, ob er bar oder mit Karte zahlen will. Der Einzelhändler gibt die Zahlung nun als EC-Karten-Zahlung in die Kasse ein und erfasst sie damit in der Kasse. Dies ist streng genommen falsch, weil noch kein Geld in die Kasse gelangt ist; denn es kommt erst einige Tage später zu einer Überweisung auf das Bankkonto.
Diese Vorgehensweise ist nach der aktuellen Stellungnahme des BMF unschädlich, wenn der EC-Karten-Umsatz sofort auf ein Forderungskonto umgebucht oder als solcher markiert wird und daher jederzeit per Knopfdruck vom Kassenbestand abgezogen werden kann.
Anwendungserlass zur Kassennachschau
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat seine Auffassung zur Neuregelung der „ Kassennachschau“ in Gestalt eines Anwendungserlasses veröffentlicht. Der Erlass ist für die Finanzämter bei der Auslegung der Neuregelung bindend.
Hintergrund: Mit Wirkung ab dem 1.1.2018 hat der Gesetzgeber die Kassennachschau eingeführt. Bei der Kassennachschau kann ein Finanzbeamter ohne vorherige Ankündigung die Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und Kassenbuchungen in den Geschäftsräumen des Unternehmers prüfen. Außerdem kann er – allerdings erst ab 1.1.2020 – auch prüfen, ob der Unternehmer eine elektronische Kasse mit einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung verwendet.
Die Kernaussagen des BMF:
Die Kassennachschau betrifft u. a. elektronische Registrierkassen, PC-Kassen, App-Systeme, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxameter, Geldspielgeräte sowie offene Ladenkassen. Der Finanzbeamte kann insbesondere die Kassensturzfähigkeit überprüfen.
Hinweis: Bei der Kassensturzfähigkeit wird der tatsächliche Kassenbestand (Ist-Bestand) mit dem Soll-Bestand abgeglichen, also dem Bestand, der sich nach den Aufzeichnungen ergeben müsste. Stimmen Soll- und Ist-Bestand nicht überein, spricht dies gegen die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung.
Die Kassennachschau darf während der üblichen Geschäftszeiten des Unternehmers erfolgen. Außerhalb der Geschäftszeiten darf die Kassen-Nachschau vorgenommen werden, wenn im Unternehmen noch oder schon gearbeitet wird.
Der Finanzbeamte darf das Geschäftsgrundstück bzw. Geschäftsräume betreten, aber auch betriebliche Fahrzeuge überprüfen. Es ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer Eigentümer der Räumlichkeiten oder der Fahrzeuge ist; es genügt also, wenn er Mieter ist.
Hinweis: Zu einer Durchsuchung ist der Finanzbeamte jedoch nicht berechtigt. Er darf also die Räumlichkeiten betreten und besichtigen, ein Durchsuchungsrecht besteht dagegen nicht.
Der Finanzbeamte muss sich ausweisen, sobald er Geschäftsräume betreten will, die nicht öffentlich zugänglich sind, oder sobald er die Registrierkasse überprüfen will oder Auskünfte des Unternehmers einfordert.
Hinweis: Die Ausweispflicht besteht dem BMF zufolge nicht, wenn das Finanzamt lediglich die öffentlich zugänglichen Kassen beobachten will, Testkäufe tätigt oder das Personal nach dem Geschäftsinhaber fragt. Diese Ermittlungen können zeitlich vor der Kassennachschau erfolgen.
Der Finanzbeamte darf Unterlagen auch scannen oder fotografieren. Ergeben sich für ihn Beanstandungen, darf er zu einer Außenprüfung übergehen. Auf den Übergang von der Kassen-Nachschau zur Außenprüfung ist schriftlich hinzuweisen, einer Prüfungsanordnung bedarf es dagegen nicht.
Hinweise: Ab 1.1.2020 sind Unternehmer, die elektronische Kassensysteme einsetzen, verpflichtet, Kassensysteme mit einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung zu verwenden; diese Kassensysteme sollen Manipulationen von vornherein ausschließen. Allerdings gilt diese Verpflichtung nicht für Unternehmer, die eine offene Ladenkasse (z. B. Geldkassette oder Schuhkarton) verwenden. Wird ein elektronisches Kassensystem eingesetzt, darf der Finanzbeamte ab 1.1.2020 auch prüfen, ob das Kassensystem mit einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung versehen ist.