Das „Berliner Testament“ – Wirklich so einfach selbst zu erstellen?
Als sog. „Berliner Testament“ bezeichnet man ein Testament, in dem zunächst der überlebende Ehegatte als Alleinerbe und sodann die gemeinschaftlichen Kinder als Schlusserben eingesetzt werden.
Ein solches Testament zu erstellen, ist eigentlich ganz einfach. Das Internet bietet hierfür zahlreiche Muster an und man spart hierdurch noch die Notarkosten. Dass selbst verfasste Testamente allerdings häufig fatale Fehler enthalten können und unter dem Strich auch noch mehr Geld kosten, soll nachfolgender Beispielfall verdeutlichen:
Inspiriert durch eine Vorlage im Internet verfassen die Eheleute Müller folgendes handschriftliches Testament:
„Wir, die Eheleute Maria und Josef Müller, setzen uns hiermit gegenseitig als Alleinerben ein. Nach unserem beiderseitigen Tod sollen unsere gemeinsamen Kinder zu gleichen Teilen erben.“
Da das Testament handschriftlich verfasst worden ist und von beiden Eheleuten unterschrieben wurde, ist die gesetzlich vorgeschriebene Form gewahrt. Das Testament ist also auch ohne Mitwirkung des Notars gültig geworden.
Doch was hat dieses gemeinschaftliche Testament, das lediglich aus zwei Sätzen besteht, eigentlich für Rechtsfolgen?
- Im ersten Satz des Testaments haben die Eheleute Müller eine sog. „wechselbezügliche Verfügung“ von Todes wegen errichtet, wonach zunächst der überlebende Ehegatte alleine Erbe wird und nach dessen Tod die Kinder gemeinschaftlich Erbe werden.
Für wechselbezügliche Verfügungen bestimmt § 2270 Abs. 2 BGB, dass „wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken… und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahesteht, dann im Zweifel anzunehmen ist, dass eine Wechselbezüglichkeit gewollt war.“
Die Folge ist, dass der überlebende Ehegatte im Beispielsfall aufgrund der gewählten Formulierung nach dem Tod eines Ehepartners an der testamentarischen Regelung nichts mehr ändern darf und zwar auch selbst dann nicht, wenn es zum Schutz des Familienvermögens notwendig werden sollte, eines der Kinder von der Erbschaft auszuschließen (z.B. bei einer Verbraucherinsolvenz oder bei einer chronischen Erkrankung eines Kindes). Für derartige Änderungen der Lebensumstände hätte zwingend eine vorsorgende Regelung in das Testament mit aufgenommen werden müssen, es sei denn die Bindungswirkung wäre ausdrücklich gewünscht.
- Der zweite Satz des selbst verfassten Testaments beginnt mit den Worten „Nach unserem beiderseitigen Tod“. Soll damit gemeint sein, dass die Kinder Nacherben werden sollen oder wollten die Eheleute Müller eigentlich eine Schlusserbschaft? Rechtlich ist dies ein himmelweiter Unterschied! Da das Testament insoweit auslegungsbedürftig ist, ist Streit unter den Erben vorprogrammiert. Dies hätte durch eine exakte Formulierung vermieden werden können.
- In dem Testament überhaupt nicht bedacht wurde der Fall, was passieren soll, wenn eins oder mehrere der Kinder noch keine 18 Jahre alt sind, nachdem beide Ehegatten verstorben sind. Da hier nichts Weiteres bestimmt worden ist, würde das Gericht in diesem Fall gemäß §§ 1773, 1774 BGB einen Vormund bestellen müssen, unter Umständen auch eine familienfremde Person. Da dies in der Regel nicht gewünscht wird, hätten die Eheleute Müller auch diesbezüglich eine Regelung treffen sollen, beispielsweise durch eine angeordnete Testamentsvollstreckung.
- Wie man sieht, ist die Errichtung eines Testaments häufig doch nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Der Teufel steckt vielmehr im Detail. Richtig ist zwar, dass man bei einem handschriftlichen Testament im Vergleich zu einem notariellen Testament zunächst die Notargebühren spart. Dafür wird es aber dann bei Eintritt der beiden Erbfälle teuer, weil sowohl der überlebende Ehegatte als auch die Kinder jeweils regelmäßig zum Nachweis ihrer Erbenstellung einen Erbschein benötigen. Läge hingegen ein notarielles Testament vor, wäre hierdurch die Erbenstellung aller Erben nachgewiesen. Die zwei teuren und langwierigen Erbscheinsverfahren wären entbehrlich. Unter dem Strich sind die Notarkosten für ein „Berliner Testament“ meistens geringer als die Kosten für die ansonsten erforderlichen zwei Erbscheinsverfahren. Zusätzlich hat man sich bei Errichtung eines notariellen Testaments den fachkundigen Rat des Notars mit eingekauft, so dass Fehler und Ungenauigkeiten wie bei dem Testament der Eheleute Müller vermieden werden können.
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